Deutscher Hörbuchpreis 2005 in der Kategorie »Best of All«

Krupp oder Die Erfindung des bürgerlichen Zeitalters
Peter Märthesheimer
»DER >AUDIO< VERLAG«, Berlin

Ausgezeichnet wird der Autor Peter Märthesheimer († 2004), für den Dr. Pea Fröhlich den Preis entgegennimmt.

Eng verbunden mit der deutschen Geschichte vom Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg ist der Name der Familie Krupp: Er steht für Industrialisierung, Rüstungsproduktion und Kriegsverbrechen. In Peter Märthesheimers satirisch zugespitztem Rückblick werden drei Generationen der Kruppschen Familiendynastie und mit ihnen mehr als siebzig Jahre deutscher Geschichte lebendig. Im Zeitrafferverfahren sind Aufstieg und Fall des Kaiserreiches, die Geburt der Sozialdemokratie, der Siegeszug des Faschismus und zwei Weltkriege nachzuerleben. Die Handlungsträger sind Kunstfiguren: Ein synthetischer "Krupp" verkörpert ebenso wie der "Kaiser" verschiedene historische Akteure, und auch die Stimme Hitlers mischt sich in fiktiver Weise ein. In bitterbösen Dialogen entlarvt sich das historische Personenarsenal – und macht gesellschaftliche und politische Prozesse transparent.

Aus der Begründung der Jury:
Das von der Jury mit dem Prädikat »Best of all« ausgezeichnete Hörbuch ist – in jedem Sinne – eine gelungene Erfindung "über" das bürgerliche Zeitalter. An dem Großindustriellen Alfred Krupp exemplifiziert Peter Märthesheimer die makabre Geschichte Deutschlands von 1870 bis 1945. Seine Kunst besteht darin, dass er dem Zuhörer von Anfang an deutlich macht: Hier wird übertrieben, aber die verfremdende Übertreibung ins Komische "stimmt", weil sie uns Abstand gewinnen lässt und so die Freiheit gibt, mitzudenken und – in diesem Sinne mitspielend – selbst Zusammenhänge wahrzunehmen und Folgerungen zu ziehen. Wir sollen merken, dass alle Akteure in diesem akustischen Marionettenspiel an Drähten gezogen werden – und weil wir das merken, können wir die ungeheuerlichen Wahrheiten schlucken, die von den Herrschenden ganz selbstverständlich ausgesprochen und in Szene gesetzt werden. So kommt das Erstaunliche zustande, dass dieses Spiel wunderbar unterhält und damit zeigt, dass Unterhaltung durchaus anspruchsvoll sein kann. Gleichzeitig wird ausgezeichnet informiert, weil wir bei der Erschließung der Information mittun können. Die sprecherische Interpretation hat durchweg ein sehr hohes Niveau.

Peter Märthesheimer (1937–2004) war von 1964 bis 1981 Redakteur, Dramaturg und Produzent beim WDR und der Bavaria. Er war verantwortlich für preisgekrönte Produktionen wie »Das Millionenspiel« (1970), »Smog« (1973), »Ein Herz und eine Seele«, »Acht Stunden sind kein Tag« und »Berlin Alexanderplatz«. Berühmt geworden ist Märthesheimer aber als Autor. Als einer der engsten Mitarbeiter Rainer Werner Fassbinders schrieb er zusammen mit Pea Fröhlich die Drehbücher zu dessen Nachkriegstrilogie »Die Ehe der Maria Braun« (1979), »Lola« (1981), »Die Sehnsucht der Veronika Voss« (1982). Es folgten Drehbücher für zahlreiche Fernsehproduktionen. Zuletzt erfand er nach den vielen weiblichen Hauptfiguren eine männliche, den von Dieter Pfaff gespielten Psychotherapeuten Dr. Maximilian Bloch. Für seine Arbeiten erhielt Märthesheimer u.a. zweimal den Adolf Grimme Preis (1973/1981) und die Goldene Kamera (1978). Seit 1994 war er Professor für Drehbuch und Dramaturgie an der Filmakademie in Baden-Württemberg.

Die Laudatio auf Peter Märthesheimer hält der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum.

Peter Märthesheimer

(† 2004)

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