Kurzbeschreibung:
Während Heiner Müllers literarisches Werk in einer Gesamtausgabe vorliegt, waren die Tonaufnahmen, in denen sich Müller als schlagfertiger Redner, außergewöhnlicher Vorleser und Aphoristiker erweist, bisher weitestgehend unbekannt. Diese Veröffentlichung im MP3-Format umfasst Interviews, Gespräche und Lesungen eigener sowie fremder Texte und wird ergänzt durch ein ausführlich kommentierendes Buch, in dem auch Mitarbeiter und Gesprächspartner aus Müllers Umfeld zu Wort kommen.
Begründung der Preisträgerjury:
Heiner Müller sei mit Abstand der beste Sprecher seiner Texte. Und zwar vor allem deshalb, „weil er nicht so tut, als ob er sie versteht“, hat ein geistreicher Connaisseur geurteilt. Der Dichter selbst untertreibt lieber: Das Langweilige an diesen Texten sei doch, „dass ich das alles schon geschrieben habe“. Das klingt kokett, hat aber einen wahren Kern. Der zeigt sich, wenn man die klugen Essays, Kommentare, Aus- und Zwischenrufe nicht bloß liest, sondern von ihm selbst gesprochen hört. Und ihm Zeit lässt, die Themen und den Tonfall zu variieren: Nicht bloß wichtig und schwergewichtig zu raunen, sondern klaren Tisch zu machen - laut zu denken, ohne selbstverliebte Umschweife und selbstgefälligen rhetorischen Zierrat. Da wirkt er, in seinen Reden allemal, nicht nur knapper und bündiger, sondern auch präziser, wenn nicht luzider, leichtfüßiger, eleganter. Man kann sich in der umfassend zu nennenden Ausgabe der Müllerschen Tondokumente aus den Jahren 1972 bis 1995, die Kristin Schulz für den Alexander Verlag herausgegeben hat, nun leicht davon überzeugen.
Begründung der Nominierungsjury:
Die liebevoll gestaltete Edition erweckt unmittelbar Neugier auf die Person und das Werk Heiner Müllers. In abwechslungsreicher Abfolge von Lesung und Interview offenbart sich in diesen Zeugnissen nicht zuletzt Müllers anhaltende Aktualität. So lädt diese Publikation nicht nur dazu ein, sich neu auf den Autor einzulassen, sie ist zugleich Anstoß zur Analyse auch gegenwärtiger Konflikte.