Kurzbeschreibung:
Drei Wochen lang ist Nick Cave mit den „Bad Seeds“ auf einer Tournee quer durch Nordamerika. Auf Spucktüten notiert er Erlebnisse, Träume und Erinnerungen ebenso wie Liedtexte, Gedichte und Fiktionen. Während der Musiker mit seiner Band von einem Gig zum nächsten fliegt, entsteht als Tourtagebuch ein Songtext voll poetischer Kraft. Kai Grehns prominent besetzte Adaption als Hörspiel verdichtet die Notate Nick Caves zu einem „langen Liebeslied in Zeitlupe“.
Begründung der Preisträgerjury:
Das Papier von Spucktüten gilt im Allgemeinen nicht als adäquates Speichermedium für epische Hochliteratur. Für den Sänger und Schriftsteller Nick Cave sind die „Sick Bags“ aus den Transferflügen auf seiner Tour durch Nordamerika das Material der Wahl. Es ist widerstandsfähig und eignet sich für kurze Formen wie Listen, aber auch für konzentrierte Reflexionen oder schmerzhafte Erinnerungen. Kai Grehns Hörspielfassung kann auf die Stimme und die Musik des Autors verzichten, weil Alexander Fehling als Erzähler, Paula Beer als Muse und Tilda Swinton als Sängerin den komplex aufeinander bezogenen Texten eine überraschend homogene Form geben. Was auch an der Komposition des Elektronikduos Tarwater liegt, die mit ihren musikalischen Mitteln auf die Komplexität des Textes reagiert. Zu Beginn des Stückes springt ein Junge von einer Brücke in einen viel zu flachen Fluss und kommt darin um. Wahrscheinlich überspannt diese Brücke den Fluss Mnemosyne, den Fluss der Göttin der Erinnerung, und nicht Lethe, den Fluss des Vergessens. Beide fließen durch das Totenreich – eine Welt, „where the wild roses grow“, in der Nick Cave sich auskennt und in die ihm Kai Grehn mit seinem Hörspiel gefolgt ist.
Begründung der Nominierungsjury:
„The Sick Bag Song“ ist eine magische musikalische Reise, eine Tour durch die inneren und äußeren Welten des australischen Musikers Nick Cave, kongenial umgesetzt von Kai Grehn. Sein Hörspiel vermittelt eine sehr spezielle sphärische Stimmung, hervorgerufen durch die eigens von der Band Tarwater komponierte Musik, die im Ohr bleibenden Stimmen von Paula Beer und Alexander Fehling sowie durch die großartige schottische Schauspielerin Tilda Swinton, die mit ihrer Stimme und ihrem Gesang eine besonders wichtige Rolle übernimmt.
Kai Grehn, geboren 1969 in Grevesmühlen, wuchs in Ostberlin auf. Nach Arbeiten als Postzusteller, redaktioneller Mitarbeiter sowie als Regieassistent und Regisseur beim TanzTheater Skoronel studierte er Theaterregie an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Zu seinen Veröffentlichungen gehören neben den Prosabänden „SCHWARZ. Reiseskizzen“ und „FUNKEN oder: So glücklich wie wir ist kein Mensch unter der Sonne“ Theaterstücke, Übersetzungen von William Blake, W.S. Burroughs, Nick Cave, Emily Dickinson, Walt Whitman, Orson Welles und Antoine de Saint-Exupéry sowie über 70 Hörspielarbeiten, für die er u.a. den Deutschen Hörbuchpreis, den Gold Radio Award des New York Festivals und den Prix Marulić Spezialpreis erhielt. 2016 wurde er für seine Prosaarbeiten mit dem erstmals vergebenen Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet. Kai Grehn lebt als freier Autor und Regisseur in Berlin.
Autorenhomepage: http://www.kaigrehn.de
Kai Grehn©Thorsten Eichhorst