Ausgezeichnet wird der Autor Jochanan Shelliem.
Zwanzig Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz standen in Frankfurt am Main 22 Täter vor Gericht. Durch den Auschwitz-Prozess wurden der deutschen Öffentlichkeit die Nazi-Verbrechen in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Der Prozess gab dem Abstraktum Auschwitz ein Gesicht – sowohl den schmerzlich um Erinnerung ringenden Opfern wie den sich der Erinnerung verweigernden Tätern.
359 Zeugenaussagen wurden für die Beratungen des Gerichts mitgeschnitten. Aus diesen 430 Stunden Tonmaterial montierte Jochanan Shelliem eine Dokumentation, die die Originalstimmen der Zeugen und Angeklagten mit einem Bericht über den Prozess und seine zeitgeschichtliche Bedeutung verknüpft. Denn zum Auschwitz-Prozess gehört auch die Geschichte einer jahrzehntelangen Verdrängung und des politischen und gesellschaftlichen Unwillens, sich der historischen Schuld zu stellen.
Aus der Begründung der Jury:
"Der Journalist und Autor Jochanan Shelliem hat aus der bislang unveröffentlichten Materialfülle ein einstündiges Feature erarbeitet, dass trotz seiner Knappheit einen authentischen Eindruck vermittelt von der Atmosphäre im Gerichtssaal – und von der Ungeheuerlichkeit des Geschehenen in der Todesfabrik Auschwitz. Berichtet Shelliem in einem zweiten Erzählstrang von der Geschichte des Prozesses, sind es die originalen Stimmen, die der gebrochenen Opfer wie die der leugnenden Täter, die dem Zuhörer das ganze Ausmaß des Grauens in Erinnerung rufen. Das Feature Weinen Sie nicht, die gehen nur baden! ist ein einzigartiges Tondokument, das zumal einem jüngeren Publikum zu Gehör gebracht werden möge: Als Geschichtsunterweisung, wie sie authentischer nicht stattfinden kann."
Jochanan Shelliem, geb. 1953 in Haifa, unternahm nach dem Studium in Frankfurt a.M. Forschungsreisen nach Lateinamerika. Seit 1978 arbeitet er als Hörfunk-Journalist für die ARD. Für den Hessischen Rundfunk produzierte er die fünfteilige Feature-Reihe Heimat Exil (1985) und das Hörspiel Tough Jews (1999) über die jüdische Mafia in New York. Er porträtierte Joseph Brodsky (1993), Harold Brodky (1995), Derek Walcott (1995) und Simon Wiesenthal (1998). Weitere Feature-Themen waren Moskau (1990) und Theresienstadt (1991), das deutsche Exil in Mexiko (1992), Kuba (1993), Salman Rushdie (1994), Hongkong (1997) und Nahost (2002). Jochanan Shelliem lebt in Frankfurt und Offenbach am Main.
Die Laudatio auf Jochanan Shelliem hält die ehemalige Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt.